Der Weg von einem frühneuzeitlichen Dokument wie der Lebensbeschreibung des Götz von Berlichingen hin zu einer digitalen (oder digital erstellten und anschließend auf ein Poster gedruckten) Karte umfasst mehrere Arbeitsschritte, ist aber insgesamt weniger komplex, als man vielleicht denkt.

1. Arbeit mit der Quelle
Der erste Schritt ist natürlich, die Quelle überhaupt einmal zu lesen und sich einen Eindruck davon zu verschaffen, was man da überhaupt kartieren möchte. Im Fall von Mein Fehd und Handlungen wurde schnell klar, dass basierend nur auf diesem Text eine vollständige Kartierung von Götz‘ Leben und Reisewegen nicht möglich sein würde. Dafür sind einerseits zu viele Ortsangaben zu vage oder fehlen gleich ganz (weil für Götz und vielleicht auch seine Zeitgenossen völlig klar gewesen sein mag, wo genau eine Herberge namens „zum Spiegell“ in der Nähe von Heilbronn ist – heute hilft uns das aber nicht mehr wirklich weiter), und andererseits mangelt es weitgehend an verlässlichen Zeitangaben. Viele dieser Informationen hätte man sich zwar aus anderen Quellen beschaffen können – aber das Ziel war es an dieser Stelle, Mein Fehd und Handlungen in eine Karte umzusetzen, und zwar mit allen Einschränkungen, die sich dabei zeigen würden.
2. Sammlung der Ortsangaben
Im zweiten Schritt wurden die vorhandenen Ortsangaben dann erst einmal gesammelt – eine simple Tabelle war hier zunächst völlig ausreichend. Hier ein Beispiel, während der Erfassung der Stationen von Götz‘ Jugend:

Einige Felder bleiben aufgrund der zuvor erwähnten Limitierungen der Quelle auch einmal leer. Der Versuch, die nicht immer ganz leicht zu lesenden Ortsnamen in modernes Deutsch „zu übersetzen“, war dabei ein durchaus spannender Teil des Experiments. Der Kontext spielte dabei eine große Rolle – dass Götz zum Beispiel an einem Kriegszug ins Elsass teilnahm, machte zusammen mit der Beschreibung, es sei „vff einem seher hohenn berg“ gelegen eine zumindest annähernd sichere Identifizierung von „Langere“ als Langres erst möglich. Auch diverse Verzeichnisse alter Ortsnamen sowie schlichte Internetsuche waren immer wieder hilfreich. In einigen Fällen blieb letzten Endes eine gewisse Portion Bauchgefühl involviert.
War der Ort einmal identifiziert, fehlten für die Kartierung noch Koordinaten (in Form von Breiten- und Längengraden, lat und lon in der Tabelle). Diese sind recht einfach aus einem Online-Kartendienst nach Wahl zu bekommen – neben den „Platzhirschen“ der großen Digitalkonzerne sei hier einmal Werbung für die auf dem Wiki-Prinzip aufbauende OpenStreetMap erlaubt.
3. Die Hintergrundkarte
Um die aus Mein Fehd und Handlungen extrahierten Informationen möglichst zeitgemäß einzubetten, liegt im Hintergrund eine historische Karte. Ganz in die Zeit Götz von Berlichingens zurück konnten wir dabei nicht gehen – die recht wenigen erhaltenen Karten aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts eignen sich nicht unbedingt, einem heutigen Betrachter bei der Orientierung zu helfen. Also fiel die Wahl auf einen Ausschnitt der „Germania“-Karte aus Abraham Ortelius‘ Theatrum Orbis Terrarum von 1570, einem der zwei großen frühen Weltatlanten. Die verwendete digitale Version stammt dabei aus der größten Online-Sammlung von historischen Karten, der monumentalen David Rumsey Map Collection.
4. Arbeit im Geographischen Informationssystem (GIS)
Nun galt es, die Ortsmarkierungen aus Mein Fehd und Handlungen mit der Hintergrundkarte zusammenzubringen, indem beide in den Kontext eines modernen Koordinatensystems eingebettet wurden. Dieses Vorgehen ist zwar aufwändiger, als einfach nur die ungefähre Position der von Götz erwähnten Orte in die Hintergrundkarte einzuzeichnen – es ist aber auch wesentlich genauer (soweit die Quelle Genauigkeit zulässt), und außerdem ist es sehr einfach, mehr als eine Sache mit den vorliegenden Daten zu tun oder weitere ähnlich aufbereitete Datensätze einzubeziehen.
Das Werkzeug hierfür ist ein sogenanntes Geographisches Informationssystem (GIS) – in unserem Fall die ebenfalls frei verfügbare Software QuantumGIS, kurz QGIS. Ein GIS ist ein sehr mächtiges Tool – für dieses kleine Projekt wurde nur ein kleiner Bruchteil der verfügbaren Funktionen genutzt. Die Hintergrundkarte wurde in einem Georeferenzierung genannten Prozess anhand von fixen Kontrollpunkten so „zurechtgezogen“, dass sie mit möglichst geringen Abweichungen ins moderne Koordinatensystem passt – und die Ortsmarkierungen waren ja bereits mit Koordinaten versehen, konnten also sehr einfach integriert werden. Um die Hauptkarte nicht mit zu vielen Punkten zu überfrachten, wurden nur die von Götz als Stationen während seiner Jugend sowie im Zuge seiner durchaus umfangreichen Fehde-Aktivitäten erwähnten Ortsmarkierungen aufgenommen. Ein GIS-Programm beinhaltet umfangreiche Einstellungsmöglichkeiten für die Darstellung der Informationen – die Ortsmarkierungen sollten vor dem Hintergrund von Ortelius‘ Karte natürlich gut sichtbar sein, ohne allzu grell herauszustechen. Die Umrisse der modernen deutschen Bundesländer, die den Betrachter*innen bei der Orientierung helfen sollen, stammen aus einem online frei verfügbaren Datensatz. Schließlich galt es dann noch, den Kartenausschnitt zu finalisieren und einen Titel sowie eine Legende einzufügen – auch das ist im GIS keine Herausforderung. Und schließlich, um zumindest einen kleinen Ausblick auf die Möglichkeiten zu geben, die ein GIS bietet, wurde noch mit wenigen Handgriffen aus den bereits vorliegenden Daten die zweite Karte produziert – eine Heatmap aller aus Mein Fehd und Handlungen gewonnenen Ortsmarkierungen. Dies wäre in Handarbeit nur mit großem Aufwand möglich gewesen, ist für QGIS aber nicht viel mehr als eine andere Darstellungsform.
